Der Bundesgerichtshof hat mit einem Urteil vom 25.02.2015 (Az.: IV ZR 214/14) die Rechte der Versicherungsnehmer (VN) in der Rechtsschutzversicherung deutlich gestärkt und seine frühere Rechtsprechung ausdrücklich aufgegeben. Das hat weitreichender Auswirkungen auf die Ansprüche der Versicherungsnehmer.
Dazu folgender beispielhafter und in der Praxis immer wiederkehrender Fall: Ein Versicherungsnehmer schließt im Jahr 2010 eine Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) ab. Im Jahr 2011 schließt er einen Rechtsschutzversicherungsvertrag ab. Schließlich erkrankt er im Jahr 2015 und wird berufsunfähig. Der BU-Versicherer verweigert die Leistung und ficht den Vertrag an, weil der Versicherungsnehmer im Jahr 2010 Fragen nach seinem Gesundheitszustand arglistig falsch beantwortet haben soll. Der Versicherungsnehmer bestreitet das und hält die Anfechtung für unwirksam. Ein Fall für die Rechtsschutzversicherung?
Sie sagt Nein. Denn generell bieten Rechtsschutzversicherungen mit Unterschreiben des Vertrags Versicherungsschutz für zukünftige Auseinandersetzungen. Kein Versicherungsschutz besteht dagegen für vorvertragliche Rechtsstreitigkeiten, bei denen der Rechtsverstoß zeitlich vor dem Versicherungsbeginn liegt.
Nach der bisherigen Rechtsprechung konnte der Rechtsschutzversicherer die Deckung für den Streit mit dem BU-Versicherer ablehnen, da ja der erste (angebliche) Rechtsverstoß die Falschbeantwortung der Gesundheitsfragen 2010 war und somit ein Jahr vor Abschluss des Rechtschutzvertrages lag.
Diese Rechtsprechung hat der BGH nun ausdrücklich aufgegeben: Was der Gegner behauptet, ist für den Zeitpunkt des Versicherungsfalles vollkommen irrelevant. Für die Festlegung des relevanten Verstoßes ist allein der Tatsachenvortrag entscheidend, mit dem der Versicherungsnehmer den Rechtsverstoß seines Gegners begründet. Als frühestmöglicher Zeitpunkt kommt dabei das dem Gegner vorgeworfene pflichtwidrige Verhalten in Betracht, aus dem der Versicherungsnehmer seinen Anspruch herleitet.
In unserem Fall wirft der Versicherte dem BU-Versicherer vor, die Verweigerung der Leistung im Jahr 2015 sei unwirksam und begehrt die Versicherungsleistung. Nach der neuen aktuellen Rechtsprechung liegt daher keine Vorvertraglichkeit vor. Diese hat Auswirkungen nicht nur auf versicherungsvertragliche Auseinandersetzungen, sondern für praktisch alle vertraglichen Streitigkeiten und bedeutet eine drastische Stärkung der Rechte der Versicherungsnehmer.
In meiner Praxis konnte bereits in einigen Fällen noch im Nachhinein eine Zahlung der Rechtsschutzversicherer erwirkt werden
D&O-Versicherung: BGH entscheidet, dass die „ernsthafte Inanspruchnahme“ für den Eintritt des Versicherungsfalles nicht
erforderlich ist. Die Abtretung ist in der D&O-Versicherung (Directors-and-Officers-
Der BGH hat aktuell mit zwei Entscheidungen vom 13.04.2016 (Az. 304/13 und IV ZR 51/14) für Klarheit hinsichtlich zweier Rechtsfragen gesorgt, die in der D&O-Branche mit Spannung erwartet wurden. In den beiden Fällen, die sehr ähnlich gelagert sind und die beide in der Vorinstanz vom OLG Düsseldorf entschieden wurden, sind Geschäftsführer von den Gesellschaften wegen Pflichtverletzungen auf Schadensersatz in Anspruch genommen worden.
Es bestand ein D&O-Vertrag, bei dem wie üblich die Gesellschaft Versicherungsnehmerin ist und die Organe versicherte Personen. Die Geschäftsführer traten daraufhin ihre Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag an die Gesellschaft ab, die diesen Anspruch dann gegenüber dem Versicherer einklagte.
Das OLG Düsseldorf wies beide Klagen ab. Es stellte sich auf den Standpunkt, dass die Gesellschaft die Geschäftsführer nicht ernsthaft in Anspruch genommen habe, sondern allein gemacht habe, um einen Versicherungsfall auszulösen, wobei auch ein kollusives Zusammenwirken zwischen Geschäftsführern und Gesellschaft im Raum stand. Da die D&O-Versicherung dem Wesen nach aber eine Haftpflichtversicherung sei, müsse der Geschäftsführer ernsthaft in Anspruch genommen, im Zweifel eben auch verklagt werden.
Der BGH hat nun klargestellt, dass die Ernstlichkeit keine Voraussetzung des Versicherungsfalles sei und eine „schriftliche Inanspruchnahme“, wie sie in den Bedingungen formuliert ist, ausreiche. Zudem hat er festgestellt, dass die Abtretung zulässig sei. Dies war in der D&O-Versicherung unklar. Zwar sind nach dem Gesetz seit der Reform des VVG in 2008 gem. § 108 II VVG Abtretungsverbote des Versicherungsanspruches an den geschädigten Dritten unwirksam. Für die D&O-Versicherung war dies bisher aber umstritten, da der geschädigte Dritte regelmäßig die Versicherungsnehmerin selbst ist.